Die Anfänge

 

In der Zoo-Post, der Mitglieder der Zoo-Freunde Frankfurt über Themen rund um den Verein und Zoo informiert, haben wir auch einen geschichtlichen Teil. Im lockeren Ton erzählen wir von der Geschichte des Zoos.

Nun haben wir uns entschlossen, die bereits veröffentlichen Beträgen Geschichtsinteressieren und solchen, die es noch werden wollen, an dieser Stelle zugänglich zu machen. Die Beiträge erscheinen zunächst in unserer vierteljährlichen Zoo-Post, werden nach einiger Zeit dann aber auch hier veröffentlicht.

Unsere Quelle ist das Buch „Von Bürgern für Bürger 125 Jahre ZOOlogischer Garten Frankfurt am Main“, von Dr. Christoph Scherpner, das 1983 von Zoo Frankfurt herausgegeben wurde. Wenn wir davon abweichen, wird das im Text angegeben.

Sabine Binger
Beisitzerin im Vorstand 

Geschenke für den Zoo Frankfurt

Geschenke erfreuen nicht nur Kinder, das galt in den schwierigen Anfangsjahren des Zoos auch für die Zoodirektion und Mitglieder des Verwaltungsrates der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt. Viele der Tiere, die bei der Eröffnung gezeigt wurden, waren Stiftungen oder Geschenke wie die Axis-Hirsche vom König von Württemberg, die Kamele vom General Rzewusky aus St. Petersburg, die Buckelnasigen Ziegen von Direktor Westermann vom Amsterdamer Zoo, australische Hunde von Herrn Reuß in London, ein Schlankaffe von General von Stutterheim und ein schwarzer Klammeraffe von Konsul Feidel in Fernambuck – um die Aufzählung aus „Von Bürgern für Bürger – 125 Jahre ZOOlogischer Garten“ zu zitieren.

Auch die ersten Löwen, die von Zoodirektor Dr. Max Schmidt 1861 aus Triest mitgebracht wurden, waren ein Geschenk, und zwar von Major Robert Capitain, der als Dank Ehrenmitglied der Gesellschaft wurde (aus „Hundertjähriger Zoo“).

Und heute? Heute sehen sich Zoos nicht mehr als Besitzer der Tiere, sondern verwalten in verschiedenen Verbänden den Tierbestand gemeinsam. Tiergeschenke an Zoos sind out. Was schenkt man einem Zoo dann? Zoo-Freunde Frankfurt e.V. machte es sich einfach und fragte nach. 2022 stand ganz oben auf der Wunschliste eine Nacktmull-Anlage. Nacktmull-Anlagen sind nun nichts, was man im nächsten Tierbedarfshandel kaufen kann – deshalb machten wir es wie in vielen Familien, wenn die Wünsche der(älteren) Kinder nicht so ohne weiteres zu erfüllen sind: Wir schenkten dem Zoo die Finanzierung, bauen musste er schon selbst.

Und so sind alle Zoobesuchenden die eigentlich Beschenkten: Am 15. Februar 2023 erhielten alle Zoobesuchenden eine naturnah gestaltete Anlage im Grzimekhaus mit einer neuen, sehr interessanten Tierart. Nehmen Sie das Geschenk an und kommen Sie vorbei, sobald die Anlage eröffnet ist. Es lohnt sich.

Ein Zoo für die freie Reichs- und Handelsstadt Frankfurt am Main

Haben Sie sich schon mal gefragt, warum Frankfurt einen Zoo hat? Und das schon seit 1858, wodurch der Frankfurter Zoo der zweitälteste Zoo Deutschlands ist (nach Berlin). Auch ich (Sabine Binger) dachte nie darüber nach, bis ich mich näher für Zoos zu interessieren begann und immer wieder las, dass Zoologische Gärten in Kaiser- und Königsstädten oder in Hafenstädten am Meer entstanden. Da wurde ich neugierig. Frankfurt liegt am Main, nicht am Meer, und war über Jahrhunderte zwar Kaiserwahl- und später auch Kaiserkrönungsstadt trotzdem Freie Reichs- und Handelsstadt. Wieso hat Frankfurt also seit 1858 einen Zoo?!?

Weil es in Frankfurt eine starke Bürgerschaft gab. Bereits 1853 beschäftigten sich laut einer Pressenotiz Bürger mit der Idee einer Zoogründung. 1857 wurde die geplante Gründung eines Zoologischen Gartens mittels einer Denkschrift dem Frankfurter Senat und der Öffentlichkeit vorgestellt: Es sollte ein auf zunächst zehn Jahre befristeter Zoo entstehen, um zoologische Studien an lebenden Tieren, die entsprechend ihrer Art untergebracht seien, mit dem gesunden Aufenthalt an frischer Luft zu kombinieren.

Und dann ging es schnell: Die Zoogründer holten die Erlaubnis des Senats ein und gründeten eine Aktiengesellschaft, um die nötigen finanziellen Mittel für das Vorhaben aufzubringen sowie den Zoo einzurichten und zu betreiben. Schon die Aktienausgabe war ein so großer Erfolg, dass das Startkapital aufgestockt wurde. Es folgte die Pacht und Umgestaltung eines geeigneten Gartens, Tiere wurden besorgt und Tierpräparator Franz Leven als Leitender sowie Dr. David Friedrich Weinland als Wissenschaftlicher Direktor eingestellt.

Am 8. August 1858 war es so weit: Der Zoologische Garten Frankfurt öffnete seine Tore.

Rundgang durch den Zoologischen Garten zu Frankfurt am Main

Mit einer Woche Verspätung und fünf Monate nach der Gründung der Zoologischen Gesellschaft wurde der Zoologische Garten am 8. August 1858 feierlich eröffnet: Beide regierenden Bürgermeister, der Hohe Senat, Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften und „viele hochgestellte Persönlichkeiten“ der Stadt Frankfurt lauschten dem Musikchor des Frankfurter Linienbataillons und bestaunten die Tiere. In ganz Deutschland sei die Eröffnung Gesprächsthema gewesen.

Auch in der Folgezeit zog es die Frankfurter in ihren Zoo – und das bei sehr hohen Eintrittspreisen. Aber was gab es nicht alles zu sehen und zu bestaunen:
eine nachgebildete Burg mit Eulen, die Adlergalerie mit Gänse-, Ohren- und Königsgeiern, Gauklern, Weißkopf-Seeadlern, Milanen, Bussarden und noch vielen anderen. Überhaupt waren Vögel reichlich vertreten – sowohl einheimische als auch exotische Arten, darunter viele Papageien- und Reiherarten. Es gab ein Vogel- und Affenhaus, in dem neben etlichen Vogelarten unter anderem Mantelpaviane, Drills, Schweinsaffen, Hut- und Kapuzineraffen die Besucher unterhielten. In einer „Galerie der kleinen Raubtiere“ zeigte man Mungos, Streifenwiesel, Nasenbären, Serval und Gepard. Es gab einen künstlichen Felsen mit Hütte für Gämsen[BS1] , denen ein Steinbock-Paar Gesellschaft leistete. Auch verschiedene asiatische und afrikanische Antilopenarten, die meistens in Paaren gehalten wurden, Trampeltiere, Dromedar und Zebra wurden gezeigt. Selbst Kängurus und Seehunde fehlten genauso wenig wie Amphibien und Reptilien, wenn diese auch nicht zahlreich vertreten waren.

Nicht wenige der gezeigten Tierarten waren Geschenke. Alle Tierarten können nicht aufgezählt werden, waren es zum Jahresende doch immerhin 589 Tiere in 151 Tierarten, darunter 139 Säugetiere in 45 Arten, wie man in „Von Bürgern für Bürger – 125 Jahre ZOOlogischer Garten Frankfurt am Main“ nachlesen kann.

Der Besucheransturm blieb für manche Tiere nicht ohne Folgen, fast alle Tiere hatten Magenprobleme und ein „Ziegenbock aus Senegambien“ starb. Warum? Trotz Verbotes konnten es manche Besucher nicht lassen, den Tieren „allerlei Naschwerk“ zuzuwerfen. Manches ändert sich aber auch nie. Leider! Auch über 160 Jahre später gefährden manche Besucherinnen und Besucher, die sich nicht an das Fütterungsverbot halten, das Leben der in Zoos gehaltenen Tiere.

Zwischen Herausforderungen und Fortschritten

Im Großen und Ganzen konnten die Zoogründer zufrieden sein. Die Besucherzahlen und die Entwicklung des Tierbestandes entwickelten sich gut. Bereits 1860 war der Tierbestand so stark angewachsen, dass mehrere Stallungen für größere und kleinere Wiederkäuer, zwei Bassins für Stelzvögel, eine „in Stein und Eisen ausgeführte“ Wolfsgrube und ein Kamelzelt gebaut wurden. Gerade auf letzteres schien die damalige Zooverwaltung sehr stolz gewesen zu sein.

Da es bereits den Zoogründern darum ging, Bildung und Freizeit an der frischen Luft zu vereinen, erschien bereits 1860 ein Zooführer, der vom Wissenschaftlichen Sekretär der Zoologischen Gesellschaft und Wissenschaftlichen Direktor des Zoos Frankfurt, Dr. David Friedrich Weinland, verfasst wurde. Ein Jahr zuvor war es ihm geglückt, den Verwaltungsrat von der Herausgabe einer Zoologischen Fachzeitschrift zu überzeugen, deren Schriftleitung er übernahm. Diese stand sowohl den Fachleuten zum Erfahrungsaustausch als auch interessierten Privatpersonen unter dem Namen „Der Zoologische Garten“ zur Verfügung – und existiert, von einigen Pausen abgesehen, bis heute.

Zwei größere Bauprojekte wurden 1861 verwirklicht. Das eine war der teilweise Umbau der Raubvogelvolieren zur Erweiterung der Großkatzenhaltung. Beim anderen handelte es sich um das Maurisches Haus, einem Überwinterungshaus für empfindliche Pflanzenfresser, um den winterlichen Verlusten dieser wertvollen Tiere entgegenzuwirken. Vorausschauend war es bereits für die Haltung von Giraffen und Elefanten geplant. Tatsächlich zog bereits 1861 eine Giraffe ein, starb jedoch ein Jahr später. Mehr Glück hatte der Zoo mit der Indischen Elefantenkuh BETSY, die 1863 in den Zoo kam und dort 30 Jahre lebte, bevor sie starb. Außerdem kamen im Obergeschoss sechs Seewasser- und drei Süßwasser-Aquarien unter, wobei erstmals der Versuch unternommen wurde, mittels Pumpen das Wasser in Bewegung zu halten. Gezeigt wurden Fische, Wirbellose und Amphibien. Danach gab es keine wesentlichen Verbesserungen mehr, obwohl der Verwaltungsrat der Zoologischen Gesellschaft zu dem Schluss gekommen war, den Zoo zu verstetigen.

Doch das gepachtete Grundstück stand weder für eine Dauervermietung noch zum Kauf zur Verfügung und hatte sich zudem als zu klein erwiesen. Der Verwaltungsrat nahm daher mit dem Senat der freien Reichs- und Handelsstadt Frankfurt Kontakt auf, um ein geeignetes Grundstück zu erwerben und schlug die Pfingstweide, ein Grundstück östlich der Stadt, vor. Zunächst vergeblich:, das Interesse des Senats war nicht sonderlich groß und er lehnte diesen und auch alle anderen Vorschläge ab. Erst nach vier Jahren Verhandlungen kam zu einem Durchbruch: Der Senat bot der Zoologischen Gesellschaft im Juni 1865 die Pfingstweide an und war bereit, darüber hinaus ein Darlehen zu gewähren, wenn die Zoologische Gesellschaft ihr Aktienkapital erhöhen würde. Zur Unterstützung der Zoologischen Gesellschaft kündigte der Inhaber des Gartens zum 1. Mai 1866 den Pachtvertrag.

Doch es sollte anders kommen! Das Jahr 1866 brachte eine grundlegende Änderung: Die freie Reichs- und Handelsstadt Frankfurt wurde nach kurzem Krieg zwischen den Preußen und den Habsburgern, auf deren Seite sich Frankfurt schlug, von der preußischen Mainarmee eingenommen und somit preußisch. Die bisherigen politischen Gremien wurden aufgelöst. Frankfurt musste eine Kontribution in Höhe von 6 Millionen Gulden zahlen. Der Zoo kam in ernste Schwierigkeiten, Tiere – vor allem die beliebten, jedoch teuren Fleischfresser – mussten verkauft und Personal eingespart werden. Zum ersten Mal erwirtschaftete der Zoo ein Defizit. Die einzige gute Nachricht war, dass der bereits gekündigte Pachtvertrag um fünf Jahre verlängert wurde.

Die finanziellen Schwierigkeiten blieben bis 1867 groß, der Zoo hatte viele Gönner verloren. Nicht, weil diese plötzlich kein Interesse mehr am Zoo gehabt hätten, sondern weil sie selbst so große Verluste erlitten hatten, dass sie den Zoo nicht mehr unterstützen konnten. Tierkäufe waren nicht mehr möglich, man konnte nur mit anderen Tierhaltungen tauschen, obwohl die Mitglieder des Verwaltungsrats den Zoo verstärkt finanziell unterstützten. Der Zoo verlor an Attraktivität. Die Stadtverwaltung konnte nicht helfen und wies zudem darauf hin, dass der Magistrat nicht in der Lage sei, die Verpflichtungen des bisherigen Senats zu übernehmen.

Einige Jahre später besserte sich die Situation ein wenig, da die Stadtverwaltung den Zoo subventionieren konnte. Bedingung war, dass die Zoologische Gesellschaft auf ihre „vermeintlichen Rechte an dem Vertrag über die Pfingstweide“ verzichtete. Doch es kam noch schlimmer, der deutsch-französische Krieg behinderte weitere Verhandlungen und der Palmengarten öffnete, der mit seinen modernen Anlagen eine ernste Konkurrenz darstellte. Dank einigen Tiergeschenken, darunter einem Orang-Utan, konnte der Zoo wenigstens ein wenig entgegensetzen.

Letztendlich kam es doch zu neuen Grundstücksverhandlungen. Viel Zeit blieb nicht mehr, der Pachtvertrag von 1867 lief nur über fünf Jahre. Letztendlich gab es nur zwei Möglichkeiten: Der Biegwald westlich von Bockenheim mit 40 Morgen für 2 Millionen Gulden bzw. einer jährlichen Pacht von 1.500 Gulden oder die Pfingstweide mit 37 Morgen und einer jährlichen Pacht von 370 Gulden. Angesichts der finanziellen Situation hatte die, aus rechtlichen Gründen 1872 neu gegründete Zoologische Gesellschaft keine andere Wahl, als sich für die Pfingstweide zu entscheiden. Jetzt musste es schnell gehen: In rasender Eile wurde das Gelände auf der Pfingstweide erschlossen und bebaut. Dennoch musste der Pachtvertrag monatsweise verlängert werden. Der Umzug begann am 9. Februar 1874 und zog sich bis 9. April, wobei der Zoo bereits am 29. März 1874 eröffnet wurde.